Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in seiner Entscheidung vom 11.07.2013 – 10 Sa 100/13 – bestätigt, dass das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
Der fristlosen Kündigung vorausgegangen war der Umstand, dass sich ein Arbeitnehmer von seiner Hausärztin für einen Zeitraum von 9 Tagen krankschreiben ließ. Aufgrund der angeblichen Erkrankung war der Arbeitnehmer nach seinen Angaben nicht in der Lage, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Masseur auszuüben, insbesondere habe ihm allein das Gehen Probleme bereitet, er sei dauerhaft erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen müssen. Nur durch die medikamentöse Behandlung sei es ihm zum Ende der Krankschreibung möglich gewesen, wieder leichte körperliche Arbeiten zu verrichten.
Der Arbeitgeber, welcher Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit hatte, hat durch Beauftragung einer Detektei erfahren, dass der Arbeitnehmer während der angeblichen Arbeitsunfähigkeit zumindest an drei Tagen Renovierungsarbeiten im Wohnhaus seiner Tochter durchführte. Bei den Renovierungsarbeiten handelte es sich zum Teil auch um körperlich anstrengende Arbeiten, wie diverse Putzarbeiten, Säuberung von Arbeitsmaterial, Tragen von Kartonagen und einer Holzpalette.
Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrates kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers abgewiesen, da es die ausgesprochene außerordentliche Kündigung für gerechtfertigt hält.
Grundsätzlich werde zwar durch eine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit die Arbeitsunfähigkeit belegt, allerdings habe der Arbeitnehmer durch die durchgeführten Arbeiten auf der Baustelle diesen Beweiswert erschüttert, da die durchgeführten Tätigkeiten bei der Renovierung mit der festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht in Einklang zu bringen waren.
Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung liegt dann vor, wenn ein Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obgleich er in der Lage gewesen wäre, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuführen. Aufgrund der vorgenannten festgestellten Umstände hält das Landesarbeitsgericht den Verdacht für begründet, dass der Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit hätte ausführen können und deshalb zu Unrecht der Arbeit ferngeblieben und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geltend gemacht hat.
Aus der vorgenannten Entscheidung wird ersichtlich, dass durch ein ärztliches Attest zunächst von einer vorliegenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen ist und der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten hat. Auch trägt grundsätzlich der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit zu Unrecht ausgestellt wurde, bzw. der Arbeitnehmer während der Krankschreibung in der Lage gewesen wäre, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuführen. Sofern der Arbeitgeber allerdings Tatsachen vorträgt, die mit der Krankschreibung nicht in Einklang zu bringen sind, kann der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden, so dass allein der Verdacht der vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit als Grund für eine außerordentliche Kündigung ausreichen kann.
Hinweis für Arbeitnehmer:
Wir möchten allerdings darauf hinweisen, dass ein Arbeitnehmer bei tatsächlicher Arbeitsunfähigkeit nicht verpflichtet ist, das „Bett zu hüten“, selbstverständlich darf der Arbeitnehmer auch während der Arbeitsunfähigkeit alles tun, was seiner Genesung nicht im Wege steht, unter Umständen kann sogar eine Urlaubsreise während der Arbeitsunfähigkeit angetreten werden. Da es hier allerdings stets auf den Einzelfall ankommt, raten wir zur Vermeidung einer Kündigung an, sich durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen.
Hinweise für Arbeitgeber:
Rechtlich gesehen bestätigt eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, dass ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist und deshalb die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen kann. Das vorgenannte Urteil zeigt allerdings auf, dass der Beweiswert des ärztlichen Attestes erschüttert werden kann, sofern der Arbeitgeber Tatsachen vorträgt, die mit der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sind. Bevor allerdings eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wird, sollte dringend Rechtsrat eingeholt werden, um eine mögliche unwirksame Kündigung zu vermeiden. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie in unserer Kölner Kanzlei durch Herrn Rechtsanwalt Christian Hein, Fachanwalt für Arbeitsrecht, in unserer Troisdorfer Kanzlei durch Herrn Rechtsanwalt Achim Wald.